Während des Mittelalters war Wein aus Noyon bekannt und geschätzt, selbst in besseren, ja sogar in besten Kreisen. Er kam sogar auf die Tische der jeweils amtierenden Könige, wie die Gäste zu berichten wussten.Die Wengerter aus Noyon bewirtschafteten um das Jahr 1850 stolze 62 Hektar Gelände. Damals war Wein wie überall Ersatz für oft nicht bakterienfreies Trinkwasser. In Frankreich war es nicht anders als in Deutschland, sogar Kinder erhielten das Getränk, freilich stark mit Wasser verdünnt. Die antibakterielle Wirkung des Alkohols und der Phenole im Wein hatte bereits 2000 Jahre zuvor manchem römischen Legionär einen Magen-Darm-Katarrh erspart.
Um das Jahr 1900 wurde in der Region um Noyon mit dem Bau neuer Bahnstrecken begonnen. Das hat den Weinfreunden aus der heutigen Metzinger Partnerstadt freilich ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Nun konnte Wein aus dem sonnenverwöhnten Süden Frankreichs herbeigeschafft werden. Für den Weinanbau in Noyon erwies sich die neu geschaffene Konkurrenz aus dem Süden nachteilig, weil der Süden kraftvolle Weine von hoher Qualität hervorbrachte. Der Noyoner Weinanbau wurde in der Folge vernachlässigt. Als der frühere Noyoner Bürgermeister Patrick Deguise die Metzinger Weinberge sah, soll er erfreut ausgerufen haben: „On va faire pareil", also: , Das machen wir auch.“
In der Tat haben einige Enthusiasten 2016 in Noyon einen Verein gegründet, allen voran Jean-Pierrre Le Bihan, der die Präsidentschaft übernahm. Der Verein verfolgt den Zweck, den Weinanbau zu fördern. Zunächst waren es 40 Mitglieder auf ehrenamtlicher Basis, bereits zwei Jahre später widmeten sich 80 Personen diesem Hobby, inzwischen sind es über 120. Ihnen steht eine Parzelle zur Verfügung, die 1000 Quadratmeter groß ist, wovon die Hälfte mit Weinstöcken bepflanzt wurde, die andere Hälfte aber Imkern und ihren Bienen zur Verfügung steht.
Im Jahr 2018 hat der von Jean- Claude gegründete Verein mit 300 Rebstöcken fünf Sorten Wein kultiviert, unter anderem Regent, Phönix und Sirius. Der Verein und sein Präsident Le Bihan, der auch privat für sich kleine Weinmengen produziert, sehen in der Arbeit im Weinberg eine Investition in die Zukunft.
Im Noyoner Weinberg möchten die Weinbauern, wie auch einige Kollegen aus Metzingen, Biowein anbauen. Dazu gehört ebenfalls, die inzwischen vorherrschenden Klimabedingungen zu akzeptieren.Die Stadt Noyon unterstützt den Verein zwar und bedient sich bei besonderen Anlässen des Weins als Präsent der Stadt, doch die Reben hat der selbst gezahlt. Einen kommerziellen Verkauf gibt es nicht, anders als in Metzingen, wo die durchschnittlich 310 000 Liter hergestellter Wein das „zweitwichtigste Marketing-Produkt der Outlet-City“ (Hau) sind.
Das Grundstück, auf dem die Partnerstadt ihre Reben gepflanzt haben, heißt "Le Grand Vignoble" und gehörte einst zur Abtei der Prämonstratenser, die sich 45 km von Noyon entfernt befand. Es stellt sich heraus, dass es im zwölften Jahrhundert die Mönche dieses Ordens waren, die die Abtei von Bebenhausen bei Metzingen gründeten und eine Zeit lang besetzten. Dieser Abtei gehörte auch eine der Pressen auf dem Kelternplatz der Stadt. Wir könnten also sagen, dass Noyon und Metzingen schon lange vor 1979 und der Unterzeichnung der Städtepartnerschaft Beziehungen hatten!